Netzflügler

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Seltene Neuropteren in Bayern: 2. Coniopteryx tjederi (Kimmins, 1963). Mitgeteilt von Axel Gruppe & Dieter Doczkal (gruppe[at]wzw.tum.de, doczkal[at]zsm.mwn.de) am 26.3.2019

Coniopteryx tjederi (Kimmins 1963) wurde von Gruppe und Doczkal (2017) mit einem Exemplar in Bayern (Deutschland, Bayern, Bad Tölz, Vorderriß, Malaisefalle 14-tägige Leerung (11,43635°E 47,45655°N, 800m üNN), leg. Doczkal & Voith 29.07.2013: 1 ♂) nachgewiesen. Für Deutschland wurde die Art von Ohm und Remane (1966) in Hessen nachgewiesen und von Kleinsteuber (1972) in Sachsen. Tröger (in litt. 01.03.2019) fand mhrere Individuen in Malaisefallen in Baden-Würtemberg (leg. Doczkal: 8 Ind. bei Rastatt - Niederwald, 15 Ind. bei Malsch – Kieswerk, mehrere Ind. bei Sandweiler bei Baden-Baden). Nach Aspöck et al. (2001) liegen in Europa Nachweise aus Östereich, Bulgarien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Kroatien, Italien, Moldawien, Portugal, Rumänien und der Ukraine vor. Die Nachweise in Deutschland (Hessen) stellen, abgesehen von dem Einzelnachweis in Großbritannien (England, Surrey, Meinander, 1990), die Nordgrenze der Verbreitung dar.

In einer Malaisefalle im Voralpenland fanden sich 23 weiter Individuen (Männchen) und in der gleichen Fallen zeitgleich 26 Coniopteryx Weibchen, die jedoch nicht zur Art bestimmt wurden. Da hier keine andere Coniopteryx-Art gefangen wurde, ist anzunehmen, dass es sich bei diesen Weibchen ebenfalls um C. tjederi handelt.

Aktuelle Nachweise: Deutschland, Bayern, Oberallgäu, Halblech (10,84068°E 47,60596°N, 900m üNN); Spärlich bewachsene Kiesbank des Halblech (Salix) (Abb. 1); Malaisefalle 14-tägige Leerung; leg.: Doczkal & Voith.: 1 ♂ 03.06.2016; dto 7 ♂ 17.06.2016; dto 13 ♂ 06.07.2016; dto 2 ♂ 18.07.2016.

Ökologie: Ohm & Remane (1968) beschreiben, dass die Art sowohl in Hessen (Steinbruch nordwestlich Marburg) als auch in Südwesteuropa vorzugsweise auf Ginster und anderen strauchförmigen Leguminosen zu finden ist. Dies deutet auf xerotherme Standorte hin. Kleinsteuber (1972) nennt ein Individuum von (vermutlich Eiche) aus einem Teich- und Heidegebiet in der Oberlausitz. Aspöck et al. (1980) nennen vegetationsreiche, vorwiegend feucht-warme Biotope, auch Ufervegetation von Seen und Flüssen, als bevorzugte Lebensräume. Die Habitate der hier genannten Nachweise in Bayern und auch in Baden-Würtemberg entsprechen sowohl der Beschreibung bei Ohm und Ramane (1986) (= strauchförmige Vegetation) als auch der bei Aspöck et al. (1980) (Ufervegetation). Die Malaisefalle am Halblech stand zwischen niedrigen Sträuchern auf einer Kiesbank des in diesem Bereich nicht verbauten Flusses (Abb 1).

Abb 1: Standort der Malaisefalle in der Coniopteryx tjederi gefangen wurde auf einer Schotterbank am Halblech.

Literatur: Aspöck, H., Hölzel, H. & Aspöck, U., 2001: Kommentierter Katalog der Neuropterida (Insecta: Raphidioptera, Megaloptera, Neuroptera) der Westpaläarktis. – Denisia 2:1–606.  Gruppe, A. & Zehetmair, T., 2011: Nachweise von Staubhaften in Bayern (Insecta: Neuropterida: Coniopterygidae). Beiträge zur Bayerischen Entomofaunistik 11, 39-48.   Gruppe, A. & Doczkal, D., 2017; Neue Nachweise von Coniopterygidae in Bayern (Neuropterida: Coniopterygidae). Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 17, 51-56.  Kleinsteuber, E., 1972: Zum Vorkommen der Staubhafte (Planipennia, Coniopterygidae) in Sachsen. Entomologische Nachrichten 16: 41-44.  Meinander, M., 1990: The Coniopterygidae (Neuroptera, Planipennia). A check-list of the species of the world, description of new species and other new data. Acta Zoologica Fennica 189: 1-95. Ohm, P. & Remane, R., 1968: Die Neuropterenfauna Hessens und einiger angrenzender Gebiete. Faunistisch-ökologische Mitteilungen 3: 209-228. Saure, Ch. (2003): Verzeichnis der Netzflügler (Neuroptera) Deutschlands. – In: Klausnitzer, B. (Hrsg.): Entomofauna Germanica 6. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 8: 282–291. Zitatvorschlag: Gruppe, A. & Doczkal, D. (2019): Seltene Neuropteren in Bayern: 2. Coniopteryx tjederi (Kimmins, 1963). Faunistische Mitteilung, Arbeitsgemeinschaft bayerischer Entomologen, website: abe-entomofaunistik.org [26.03.2019]

 

Seltene Neuropteren in Bayern: 1. Wesmaelius tjederi  (Kimmins, 1963). Mitgeteilt von Axel Gruppe & Dieter Doczkal (gruppe[at]wzw.tum.de, doczkal[at]zsm.mwn.de) am 11.3.2017
 
Als Verbreitungsgebiet  von W. tjederi werden von Aspöck et al. (1980) der Alpenraum sowie einige
südeuropäische Gebirge angegeben. In der Verbreitungskarte wird ein Fundpunkt südlich von
Kelheim angegeben (Aspöck et al. 1980, Band 2, S. 293), der nach den Literaturangaben nicht
verifiziert werden konnte. Nach unserer Kenntnis wurden zwei gesicherte bayerische Nachweise publiziert. Pröse (1995) zitiert den Nachweis von zwei ♂ bei Ohm (1967) „Bavaria mer., Steinebach
am Wörthsee, VII. 1949. leg. F.Daniel“ (in coll. Zoologische Staatssammlung, München). Gruppe (2007) nennt einen Nachweis in Bayern ohne Fundortangaben. Dieser sei hiermit nachgetragen: 1 ♂
D Bayern Traunstein Schellenberg  NWR Kienberg  1700m; 20.08.1996, Lichtfang, leg. H.Hacker, det. A.Gruppe. Aus dem Nationalpark Berchtesgaden liegt ein weiteres Tier vor: 1 ♂ D Bayern
Nationalpark Berchtesgaden Trischübl 1700m; 18.07.2006 Malaisefalle, leg. J. Voith, det. A. Gruppe.

Im Jahr 2014 wurden im Rahmen des Projekts Barcoding Fauna Bavarica der Zoologischen
Staatssammlung München (www.faunabavarica.de) insgesamt 30 Individuen von W. tjederi mit drei (von 12) Malaisefallen gefangen. 1♀ 1♂ D Bayern Ostallgäu Schochen, 1900-1910m, 17.07.2014, Malaisefalle 2, leg. D.Doczkal, S.Schmidt, J.Voith; 4♂ dto, 2010m; 17.07.2014, Malaisefalle 4, leg. D.Doczkal, S.Schmidt, J.Voith; 1♂ dto, 2030-2040m; 06.08.2014, Malaisefalle 3, leg. D.Doczkal, S.Schmidt, J.Voith; 5♀ 15♂ dto, 2010m; 06.08.2014, Malaisefalle 4, leg. D.Doczkal, S.Schmidt, J.Voith; 1♀ 2♂ dto, 2010m; 04.09.2014, Malaisefalle 4, leg. D.Doczkal, S.Schmidt, J.Voith; alle det. A. Gruppe.  

Die Malaisefallen am Schochen standen auf alpinen Matten auf den nach Süden abfallenden Hängen
unterhalb des Gipfelgrats. Das Grundgestein ist hier Fleckenmergel, auf dem sich eine dichte,
geschlossene Vegetation aus Gräsern und Hochstauden etabliert hat. In der näheren Umgebung
kommen keine Bäume oder Sträucher vor. Falle 4, in der die meisten Individuen gefangen wurden,
stand am Fuß einer südexponierten Felswand. Das Larvenhabitat ist unbekannt. Die meisten
bisherigen Nachweise erfolgten durch Lichtfang oder Abklopfen von Sträuchern und Bäumen in
Höhen über 1000m. Giacomino (2011) beschreibt den Nachweis der Art in den Ost-Pyrenäen in
einem ähnlichen, vegetationsreichen Habitat, gibt jedoch an, dass das Individuum von einzelnen
Pinus uncinata geklopft wurde (leg. Le Doaré, 15.07.2009).  

Aufgrund der wenigen Nachweise wurde W. tjederi in der Roten Liste der Netzflügler Bayerns (Pröse
& Gruppe, 2003) als extrem selten (R) geführt.  Die hier genannten Nachweise zeigen, dass trotz der
Seltenheit die Art lokal in beachtlicher Populationsdichte auftreten kann. 27 von 30 Individuen
wurden in einer Malaisefalle in einem Zeitraum von 6 Wochen gefangen. Da besonders der
bayerische Alpenraum neuropterologisch sehr mangelhaft bearbeitet wurde, kann die tatsächliche
Verbreitung von W. tjederi nicht abschließend bewertet werden. Die Nachweise in den Hochlagen
vieler mittel- und südeuropäischer Gebirge (Aspöck et al. 1980, Giacomino, 2011) und sowohl am
östlichen wie am westlichen Rand der Alpen in Deutschland lassen vermuten, dass in Deutschland
der gesamte Alpenraum besiedelt ist. Der Schochen ist auch in anderen Insektengruppen für seinen
Reichtum an seltenen Arten bekannt. Während W. tjederi am Schochen in drei von fünf Fallen
gefunden wurde, liegen  von weiteren drei Fallen am Koblat und vier Fallen im Oytal keine Nachweise
vor.   
LiteraturAspöck, H., Aspöck, U. & Hölzel, H., 1980: Die Neuropteren Europas. Band I und II. – Goecke & Evers, Krefeld.    Giacomino, M., 2009: Wesmaelius (Kimminsia) tjederi (Kimmins, 1963) Hemerobiinae nouveau pour la faune de France (Neuroptera, Hemerobiidae). Revue de l’Association roussillonnaise d’Entomologie XX(1): 13-16.  Gruppe, A., 2007: Ungewöhnliche Funde von Neuropteren. DGaaE-Nachrichten 21(3), 141-142.  Ohm, P., 1967: Zur Kenntnis der Gattung Boriomyia Banks 1905 (Neuroptera: Hemerobiidae). Reichenbachia 8 (29), 227-246.   Pröse, H. & Gruppe, A., 2003: Rote Liste gefährdeter Netzflügler (Neuropteroidea) Bayerns. – Schriftenreihe Bayerisches Landesamt für Umweltschutz 166: 95-98.   Zitiervorschlag: Gruppe, A. & Doczkal, D. 2016: Seltene Neuropteren in Bayern: 1. Wesmaelius tjederi  (Kimmins, 1963). Faunistische Mitteilung, Arbeitsgemeinschaft bayerischer Entomologen, website abe-entomofaunistik.org [11.03.2017]